Wir leben in einer Welt voller Wunder und Schönheit. Doch oft laufen wir wie mit Scheuklappen durch diese Welt und
verpassen unwiederbringliche Glücksmomente. Wie aber kommen wir dem Geheimnis des Glücks auf die Spur? Und was kann uns dabei unterstützen?
Glücksimpuls 1: Slow down!
Erinnern Sie sich an das Kinderbuch von dem Mädchen Momo und den grauen Herren, die den Menschen die Zeit stahlen? Eindrücklich schildert darin Momos alter Freund, der Straßenkehrer Beppo, unser tägliches Dilemma im Umgang mit der Zeit:
„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man … Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man
eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum
Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem.“
Auch wir versuchen ständig das Tempo zu steigern. „Mach schneller“, rufen wir uns ungeduldig zu. „Trödele doch nicht so herum!“, schelten wir uns selbst. Herumtrödeln wurde schon in unserer Kindheit als Zeitverschwendung angesehen. Sich Zeit nehmen für die schönen Dinge des Lebens galt als überflüssig. Und tief drin glauben wir das heute noch.
Und so hetzen wir uns durch den Tag, um Zeit für einen geruhsamen Feierabend herauszuschinden, arbeiten jahrelang wie wild, um uns eines fernen Tages den Vorruhestand leisten zu können, packen
uns unter der Woche ein immenses Arbeitspensum auf, um ein langes Urlaubswochenende genießen zu können. Und wenn es dann endlich so weit ist, strecken wir erschöpft alle Viere von uns, haben zu
nichts mehr Lust oder stecken im Stau und schreien entnervt die Kinder an.
Was also ist zu tun? Wie können wir unser Leben wieder erleben anstatt ihm hinterher zu sprinten oder vor ihm wegzulaufen? Der Straßenkehrer Beppo scheint eine Lösung für unser Dilemma gefunden
zu haben:
„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten. Dann macht es Freude, das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut.“
Glücksimpuls 2: Don't worry, be happy!
„Warum verschiebt ihr die Freude auf morgen?“, fragte schon der Philosoph Epikur vor mehr als 2000 Jahren. Ja, weshalb fällt es uns eigentlich so schwer, den heutigen Tag zu genießen? Warum
stochern wir lieber in alten Wunden herum anstatt uns zu gestatten, schmerzfrei zu leben? Wieso machen wir uns ständig Sorgen um den morgigen Tag anstatt das Glück des heutigen auszukosten? Marie
denkt gar nicht daran, sich um Morgen zu sorgen. Cora schon gleich gar nicht. Ich schon. Wie ungeschickt wir mit voranschreitendem Alter doch werden, glücklich zu sein. Ständig fallen uns neue
Gründe ein, weshalb es uns schlecht gehen könnte.
Wie wir zur Quelle der eigenen Lebensfreude zurückfinden? Ganz einfach: Fragen Sie sich, was Sie als Kind glücklich machte. Was waren Ihre Träume? Was brachte Ihr Herz zum Hüpfen? Wenn Sie in
Kontakt kommen mit Ihrem Kinderherzen, können Sie die kleinen und großen Freuden des Alltags ganz neu und intensiv erleben. Plötzlich sehen Sie all die Dinge, die das Leben schöner und bunter
machen und nehmen die Menschen wahr, die Ihr Leben mit Liebe erfüllen.
Freude macht das Herz weit und verleiht Leichtigkeit. Und die Freude ist – wie übrigens alle Emotionen – ansteckend. Da sie zu den gehobenen Emotionen zählt, hebt sie nicht nur die eigene
Stimmung, sondern auch die der Menschen um uns herum. Lassen Sie sich anstecken! Erfreuen Sie sich an der Freude der Kinder! Und geben Sie die Freude an andere weiter. Freude strahlt aus,
überträgt sich, vermehrt sich und verändert damit nicht nur unser unmittelbares Umfeld, sondern auch die Welt.
Glücksimpuls 3: Dream on!
„Was träumst du denn schon wieder vor dich hin!“ Vielleicht wurden auch Sie als Kind mit ähnlich harschen Worten aus Ihren Tagträumen gerissen und aus Ihrer wunderbaren Fantasiewelt vertrieben. Tagträumen galt und gilt in einer Welt der allzeit Geschäftigen als Zeitvergeudung. Doch von wegen vertane Zeit! Studien aus der Hirnforschung belegen, dass unser Gehirn diese Auszeiten zur Regeneration und Erholung braucht. Und dass es gerade diese scheinbar unproduktiven Zeiten sind, in denen wir neue Kraft schöpfen.
Tagträumen macht kreativ und ist eine unversiegbare Quelle der Inspiration! Neue Ideen und Impulse sprudeln wie Sektperlen in unseren Gehirnwindungen empor. Lassen Sie daher öfters mal Ihre Gedanken ziellos in die Ferne schweifen, trinken Sie geruhsam eine Tasse Tee und schauen Sie den Wolken zu, wie sie vor Ihrem Fenster vorüberziehen. Tagträume sind innere Glücksquellen, die wir jederzeit aktivieren können. Sie geben uns eine Vorstellung davon, was wir uns vom Leben erhoffen und verraten uns unsere geheimsten Wünsche und Sehnsüchte. Weshalb also nicht mal wieder genüsslich vor sich hinträumen?
Glücksimpuls 4: Let’s feel it!
Wenn unser Herz offen ist, können wir unsere Gefühle in all ihrer Intensität erleben. Um zu erfahren, wie das geht, brauchen wir doch nur den Kleinen beim gemeinsamen Spiel zuzusehen. Sie sind wahre Emotionskraftwerke, entdecken die ganze Bandbreite ihrer Gefühle und sind berauscht von ihrer eigenen unabhängigen Lebenskraft. Sie jauchzen vor Freude, schreien vor Zorn und weinen, wenn sie verletzt sind – und all das innerhalb kürzester Zeit. Wer wünscht es sich nicht, etwas von dieser Spontaneität kindlicher Emotionen zurückzugewinnen und das zu entwickeln, was der Philosoph Paul Ricoeur die „Zweite Naivität“ nannte: ein Zustand, der sich durch ehrliche und spontane Gefühlsreaktionen auszeichnet, abgeschmeckt mit der Weisheit der Lebenserfahrung?
Gefühle sind die Vital- und Nährstoffe unseres Lebens. Auf ihre Essenz gebracht, schützt Angst, verteidigt Wut, erlöst Trauer, erhebt Freude und eint Mitgefühl. Wie wir die gesamte Palette der
emotionalen Farbskala in unsere Leben integrieren können? Indem wir das tun, was die Kleinen uns so spielerisch vorleben: zu lachen, wenn wir glücklich sind; zu fürchten, was uns bedroht und
wütend zu werden über das, was unsere Integrität untergräbt. Um besseren Zugang zu unseren Gefühlen zu bekommen, können wir sie gemeinsam mit anderen erforschen oder sie niederschreiben. Oder
eben das tun, was auch die Kinder tun: tanzen, singen, lachen, malen, springen….
Glücksimpuls 5: Take it easy
Glückliche Menschen sind offen wie spielende Kinder und tobende Hunde, die absichtslos und voller Hingabe im Augenblick leben und ganz mit ihrem Tun in Einklang sind. Zen-Meister Ryokan, einer der großen Weisen Japans, war einer dieser begnadeten Menschen. Er liebte es, mit den Kindern zu spielen. „Spielend, ja spielend durchquere ich diese fließende Welt“, schrieb er in einem Gedicht. Ja, die wahrhaft Weisen verhalten sich mitunter reichlich närrisch. Sie lachen und hüpfen unbeschwert wie die Kinder, staunen über die alltäglichsten Dinge und erfreuen sich scheinbar grundlos am Leben. Anders als wir bepacken sie sich nicht unnötig mit der Schwere des Lebens, von der wir glauben, dass sie unserem Leben erst Bedeutung und Gewicht verleihen würde.
Meister Ryokan wusste sehr wohl um den Ernst des Lebens. Er führte das beschwerliche Leben eines Zen-Mönchs in den unwirtlichen Bergen Japans. Doch nie verlor er darüber seine kindliche Naivität und die Fröhlichkeit des Herzens. Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen liebten ihn dafür. Denn allein durch seine Anwesenheit machte er deren Leben leichter. Spuren wollte er keine hinterlassen, der leichtfüßige Weise. Seine Gedichte jedoch erfreuen bis zum heutigen Tage die Herzen der Menschen.
„Mein Tagewerk: mit den Dorfkindern spielen.
Immer habe ich ein paar Stoffbälle dabei, in meinen Ärmeltaschen:
Zu viel anderem bin ich nicht nütze.
Doch ich weiß mich zu erfreuen am stillen Frieden des Frühlings.“
Meister Ryokan
Kommentar schreiben